Warum machst du das FFJ?
Nachdem ich ein Jahr lang an dem gleichen Ort gelebt hab, hatte ich Lust neue Orte kennenzulerne mit der Frage “wie will ich eigentlich leben?”. Besonders Orte, die in Gemeinschaft leben. Orte, wo versucht wird Utopien zu erschaffen. Als ich das Programm des FFJs gelesen habe, hat das alles vereinbart, was ich mir für meine Zukunft vorgestellt hab. Vor allem der Aspekt der Gemeinsame Ökonomie, wo ich vorm FFJ einfach keine Leute hatte um dies auszuprobieren. Ich hatte außerdem Lust auf Gruppenprozesse, darauf mich mit neuen Themen zu beschäftigen mit etwas Unterstützung und Organisation von außen.
Was sind deine schönsten Erinnerungen an die letzte Zeit?
Eine Erinnerung, die ich im Kopf habe, ist der Moment, als wir meine Haare abgeschnitten haben. Das war richtig cool. Wir saßen da so im Bad und haben witzige Frisuren aus meinen alten Haaren gestaltet. Ich habe mich was getraut, was ich schon seit Jahren tun will und ich hab das Gefühl, dass die Zeit und der Raum hier mir das ermöglicht hat.
Richtig schön waren auch die Momente, wo wir zusammen so richtig intensive Gespräche geführt haben, zum Beispiel unsere Emo-Runde. Da habe ich mich immer sehr verbunden mit allen gefühlt habe. Oder auch Zweiergespräche und Gespräche in kleineren Gruppen, die waren immer richtig toll.
Ich find’s voll schwierig zu sagen, was am schönsten war- die letzten Monate bilden rückblickend so ein verwobenes Netz aus Momenten, Gesprächen und Orten, die wir gesehen haben und das alles macht mich insgesamt voll glücklich.
Welche Inhalte fandest du besonders spannend?
Ich fand es spannend über Adultismus zu lernen. Da hatte ich das Gefühl selber oftmals betroffen zu sein, aber ich konnte es bisher nie so benennen, was mich daran stört und jetzt schon, wo ich mehr darüber weiß.
Und das Thema transformative Gerechtigkeit war auch voll neu und spannend für mich, also die Frage “was gibt es für alternative Mechanismen und Strukturen, die Gerechtigkeit schaffen?”.
Spannend fand ich auch den Perspektivwechsel, als wir über Anarchismus gesprochen haben, auch wenn ich nicht hinter allem stehe.
Hast du dich in den letzten Monaten verändert? Und wenn ja, wie?
Ja, auf jeden Fall! Ich hab das Gefühl ich habe in letzter zeit einfach mal Dinge gemacht, die ich eigentlich gar nicht kann. Zum Glück ist die K20 ein Ort an dem einem zugetraut wird zu lernen. Solche Orte gibts nicht oft. Jetzt kann ich z. B. Geschirrspüler reparieren, womit ich mich vorher noch nie beschäftigt habe. Dieser Raum hier und die Menschen haben mir das Gefühl vermittelt: Fang einfach an, probier was aus, das wird schon.
Was waren für dich Herausforderungen in den letzten Monaten?
Ich glaub Herausforderungen für mich waren Momente, in denen ich gemerkt hab das Menschen aus meinem Umfeld, die mir wichtig sind, andere Meinungen und Vorstellungen haben als ich. Und zu merken, dass das auch voll okay ist.
Der starke und intensive Kontakt mit so vielen Menschen war und ist für mich auch eine Herausforderung, da ich vorher meine sozialen Kontakte an einer Hand abzählen konnte. Eigentlich mag ich es sehr gerne neue Menschen kennen zu lernen, aber auf die Dauer ist das auch Kräfte zehrend.
Wie ist es für dich gemeinschaftlich zu Wohnen, ohne eigenes Zimmer?
Schön und anstrengend zugleich. Ich finde es super schön gemeinschaftlich zu wohnen und zu sehen, dass überall irgendwas passiert. Es ist super leicht irgendwas zu machen weil es eigentlich Immer Leute gibt, die Lust auf etwas haben. Es ist super, weil ich das Gefühl habe voll viel kann sich entwickeln und gemacht werden. Was ich manchmal schwierig finde ist sich genug Zeit für sich selbst zu nehmen, weil du theoretisch immer bei irgendwas mitmachen kannst. Hier zur Ruhe zu kommen ist manchmal ganz schön schwer.
Wie nimmst du die Gruppe und ihre Entwicklung war?
Wir sind jetzt schon drei Monate zusammen unterwegs. Ich hab gesehen dass wir schon am Anfang zusammengewachsen sind und dadurch, dass wir soviel Zeit zusammen verbringen, geben wir uns Halt in einer sehr turbulenten Zeit. In voll Vielen von uns laufen so richtig interessante, spannende Prozesse und es werden gerade Perspektiven und Türen geöffnet von den ich nicht wusste, dass ich sie je öffnen werde.
Wie finanziert ihr euch?
Wir teilen unser Geld, jedes gibt so viel, wie es rein geben kann und jedes nimmt sich so viel raus, wie es braucht. Geld kriegen wir auf unterschiedliche Wege, manche werden finanziell unterstützt, manche arbeiten parallel. Generell sind unsere Ausgaben, da wir uns von geretteten Lebensmitteln ernähren und meist trampen um von Ort zu Ort zu kommen, eh nicht besonders hoch.
Findest du den Titel “freiwilliges freies Jahr” für das, was du die letzten Monate getan hast, passend?
Ich finde den Titel Freiwilliges Freies Jahr passend und unpassend zu gleich, denn ja wir sind sehr frei in unseren Entscheidungen unseren Alltag zu gestalten und wir machen alles freiwillig. Die Anlehnung des Namens an Programme wie FSJ oder FÖJ finde ich allerdings sehr unpassend. Bei diesen Programmen handelt es sich um einen 40 Stunden die Woche gehenden Freiwilligendienst. Das FFJ dagegen ist vielmehr ein temporärer Lebensentwurf.
Was für Herausforderungen siehst du in der nächsten Zeit?
Das ist jetzt das erste Mal, dass wir für eine längere Zeit an einem Ort sind. Ich hoffe, dass wir uns nicht zu sehr auf die Nerven gehen- wir hocken schon echt auf einander hier.
Ich sehe es auch ein bisschen als Herausforderung, dass viele von uns mehr Verantwortung für das FFJ und die K20 übernehmen wollen. Das ist ein guter Wandel, kann aber auch herausfordernd werden.
Worauf freust du dich noch in den nächsten 5 Monaten?
Gleichzeitig freu ich mich auch voll, dass wir eine Weile zusammen am gleichen Ort bleiben. Ich habe das Gefühl, dass es gut ist, das etwas Ruhe in unsere Leben einkehrt. Ich freue mich auch auf die Themen die noch kommen- zum Beispiel Queerfeminismus und Sexismus, das sind Themen, die auch sehr emotional sind und ich glaube, für mich persönlich ist es wichtig mich mehr mit diesen Themen auseinander zu setzen.
Was war der größte Fail der letzten drei Monate?
Mmh, blöd war dass wir es 2 Monate lang nicht geschafft haben, eine Gitarre aus der Bar im Dorf neben an zu holen. -hey, ich wollte eigentlich witzige Storys hören.- Okay, der größte Fail war als wir bei einer Auftaktveranstaltung der Grünen waren und wir dachten eigentlich es wäre ein klimaaktivistisches Vernetzungstreffen. Wir haben alle Getränke ausgeschenkt bekommen und du hast dein Glas hochgehoben, weil du dachtest, dass es wem anderes gehört und dann haben dir alle zugeprostet, mitten während ein anderer mensch etwas vorgetragen hat. (Allgemeines lachen)